Heute ist der 24. Dezember 2004.
Und an diesem Tag kann es nur einen Text geben, den ich hier einstelle: nicht irgendeine Weihnachtsgeschichte, sondern die Weihnachtsgeschichte. Am bekanntesten ist sie wohl in der Lutherübersetzung von Lukas 2, 1-20. Aber im Laufe der Jahre habe ich immer mehr Fassungen gefunden und biete sie Dir hier zum Lesen an. Und falls Du nmoch eine weitere Fassung kennst oder gar hast, dann schick sie mir doch zu (per Mail oder Briefpost). Ich freu mich drüber!
Welch ein Gefühl für einen Mann,
der alle Welt beherrschen kann,
der weit und breit fast jedes Land
regiert allein durch seine Hand.
Kein Wunder, wenn ihn Neugier plagt,
wenn jener Mann sich schließlich fragt,
wieviel in Land, wieviel in Stadt
er eig'ne Untertanen hat.
Die Zahl war manchmal gar nicht wenig,
war er doch Kaiser, nicht nur König.
Im Jahre Null so ungefähr
war dies der Fall am Mittelmeer,
wo rundherum fast jedes Land
in Rom dem Kaiser unterstand.
Augustus nämlich gab Befehle,
daß man das Volk im Reiche zähle.
Er hatte das Gebot erlassen,
das Volk in Listen zu erfassen.
Es sollten alle, das war Pflicht,
ob sie es wollten oder nicht,
auf schnellstem Wege dahin fahren,
wo sie einstmals geboren waren.
Das gab ein großes Durcheinander,
denn überall sah man jetzt Wand'rer.
Man ging zu Fuß, man ritt zu Pferde
manchmal fast um die halbe Erde.
Selbst Frauen, Kinder, alte Greise -
ein jeder mußte auf die Reise.
Wir wissen davon etwas näher
von einem Mann aus Galiläa.
Der war - mit Namen Josef heißt er -
in Nazareth ein Tischlermeister.
Auch ihm kam der Befehl zu Ohren.
Er war in Bethlehem geboren.
Er hatte eine junge Frau
und wußte damals schon genau,
daß sie demnächst ein Kind bekämen;
doch mußte er auch sie mitnehmen,
denn Rücksicht wurde nicht genommen:
ein jeder hatte selbst zu kommen.
So machten sie sich auf die Fahrt.
Der Weg war lang, die Reise hart.
Drei Tage etwa ging's umher,
es war ein schrecklicher Verkehr.
Wohin sie ihre Blicke wandten:
nur Leute, welche sie nicht kannten.
Wohin sie ihre Schritte lenkten:
nur Menschen, die sie abseitsdrängten.
Und jeder Ochsenkarren staubte,
daß es den Atem einem raubte.
Es war vielleicht am vierten Tag,
als Bethlehem vor ihnen lag.
Nun hieß es, ein Hotel zu suchen
und schnell ein Zimmer sich zu buchen.
Doch wo sie klopften, wo sie fragten
und ihre schwere Lage klagten,
sie fanden nichts zu guter Letzt;
ein jedes Haus war längst besetzt.
Es gab nur einen alten Bauern,
der beide anfing zu bedauern
und ihnen seine Scheune bot.
Nun gut - auch das ging mal zur Not.
So mußten sie sich halt bequemen,
mit einem Stall vorlieb zu nehmen.
Na immerhin Kopf unterm Dach
und fern von allem Lärm und Krach.
Schnell war das Lager schon zurecht.
Bald lag Maria gar nicht schlecht.
Es piekte zwar das frische Stroh
und Mäuse gab es irgendwo,
doch war es weich und auch recht warm.
Maria lag in Josefs Arm.
Und in der Stille jener Nacht
hat sie ihr Kind zur Welt gebracht.
Man hörte, wie ein Ochse brüllte,
als sie das Kind in Windeln hüllte.
Es gab zwar keinen Kinderwagen
in jenem Stall, wo Tiere lagen,
doch trotzdem waren sie ganz froh:
ein Futtertrog tat's ebenso.
Nicht weit entfernt zur selben Zeit
bewachten in der Dunkelheit
im Freien Hirten eine Herde
und hausten auf der bloßen Erde.
Da wurde es mit einem Schlag
um sie herum hell wie am Tag,
und jemand trat an sie heran
und redete die Hirten an.
Von ihm kam auch der helle Schein.
Es mußte Gottes Bote sein.
Und sie verdeckten ihr Gesicht:
"O weh, jetzt kommt das Endgericht!"
Da sprach der Engel: "Keine Bange,
mein Auftrag dauert gar nicht lange,
hört her, ich bringe große Freude!
In Bethlehem steht ein Gebäude,
dort hat für euch in dieser Nacht
Gott seinen Sohn zur Welt gebracht,
der euch errettet und befreit.
Auf, zu ihm hin! Es ist nicht weit.
Das Zeichen ist ein kleines Kind
in einem Stall, wo Tiere sind."
Die Hirten sind noch ganz verstört,
als einen ganzen Chor man hört.
Der ließ ein Loblied laut erschallen
und sang von Gottes Wohlgefallen.
Dann sank die Nacht von neuem nieder,
und Stille folgte auf die Lieder.
Die Männer waren fassungslos
und fragten sich: "Was war das bloß?",
bis einer sprach: "Laßt uns doch geh'n
und es mit eig'nen Augen seh'n.
Vielleicht entdecken wir die Spuren
und finden das, was wir erfuhren."
Man stimmte zu, sie zogen los.
Schnell wurde ihre Neugier groß.
So suchten sie in jedem Stall,
in jedem Schuppen, überall,
in Scheunen und in Gartenlauben,
erfüllt von Hoffnung und von Glauben,
bis sie tatsächlich alles fanden
und plötzlich vor dem Kindlein standen.
Es blieb der Mund den Männern offen.
Es war buchstäblich eingetroffen.
Zwar sah man keinen Heil'genschein,
doch mußte dies der Knabe sein.
Und sie betrachteten das Kind,
erstaunt, daß sie die ersten sind.
Dann zogen sie von Haus zu Haus
und breiteten die Nachricht aus,
erzählten von den Engelchören.
Es sollte jeder davon hören.
Dies brachte alle in Erstaunen.
Es ging durch Bethlehem ein Raunen:
"Wie können Hirten davon wissen?
Es hätten Priester wissen müssen!"
Denn alle Leute dachten eher,
daß Priester oder Pharisäer,
nicht solche Hirten, solche Laien
von Gottes Handeln Zeuge seien.
Im Stall, in dem das Kindlein lag,
war nun ein turbulenter Tag.
Zum Stillen war kaum Zeit genug,
denn ständig gab es jetzt Besuch.
Es wurden Wünsche überbracht,
Geschenke für das Kind gemacht,
und man erwies ihm solche Ehre,
als wenn das Kind ein König wäre.
Maria, als sie alles sah,
begriff wohl kaum, was ihr geschah.
Sie überlegte immerfort
und dachte viel an manches Wort.
Die Hirten kehrten voller Freude
zurück zur Herde auf die Weide.
Sie lobten Gott den ganzen Tag,
der nah jetzt in der Krippe lag.
Diese gedichtete Fassung der Weihnachtsgeschichte des Lukas wurde mir vor vielen Jahren von irgend einem lieben Menschen geschenkt - von Hand in ein Heft geschrieben und leider ohne Angabe der Quelle. Ich habe sie seither oft gelesen. Wenn jemand den Verfasser oder die Quelle kennt, würde ich mich über eine Nachricht freuen.
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