Da steht es.
GOTT anrufen.
Auf dem Zettel.
Am Telefon.
Hat ihn doch neulich tatsächlich einer
gefragt, ob er die Telefonnummer Gottes kennt.
Was für ein Quatsch!
Gott hat doch kein Telefon.
- ? -
Oder?
Ach ja - die Telefonseelsorge ...
Aber das ist ja wohl mehr das Bodenpersonal
...
Er muß zugeben, daß der Gedanke
reizvoll ist, Gott anzurufen. Dann könnte er endlich mal alles loswerden.
Sich beschweren über die Ungerechtigkeiten. Darüber, daß
man IHN nie sieht. Daß es so viel Krieg und Leid und Ungerechtigkeit
gibt.
Und überhaupt: da reden sie jetzt wieder
davon, daß Gott zu den Menschen kommt, Advent und Weihnachten, Friede,
Freude und Familienkrach ...
Er sieht ihn nicht.
Er sollte vielleicht doch mal ...
Er nimmt den Zettel, auf dem er die Nummer
notiert hatte.
Er greift zum Hörer und legt ihn gleich
wieder hin.
Das ist doch Unsinn.
Noch nicht einmal eine Vorwahl.
Im Internet hatte er auch gesucht nach Gott.
Viel Merkwürdiges war ihm da begegnet.
Aber auch interessante Seiten.
Er wußte gar nicht, daß es so
viele kirchliche Seiten gab.
So langsam begann die Suche spannend zu werden.
Was stand da:
Sucht den Herrn, solange er
sich finden läßt,
ruft ihn an, solange er nahe
ist.
Es scheint ja, als könnte es ein "zu spät"
geben, wenn man das so liest. Dann wäre alles vorbei. Chance verpaßt.
Dabei sucht er doch nun schon eine ganze Weile.
Und wenn er es recht bedenkt: nicht erst seit
dieser merkwürdigen Frage nach der Telefonnummer.
Warum ist Gott nur so schwer zu finden?
Ihm fällt die Sendung neulich im Fernsehen
ein. Da wurden auch Menschen gesucht, lange verschollene Freunde oder Familienangehörige.
Und dann kam der alte Trick: "Wir haben sie
gefunden, sie leben im Australien (oder wo auch immer), und wir haben sie
jetzt hier am Telefon." Und der Zuschauer am Bildschirm sieht, was der
Suchende nicht weiß: der Gefundene kommt - das Handy in der Hand
- telefonierend aus den Kulissen und ist da.
Und auf einmal wird es ihm klar:
Nicht durch Logik, nicht durch Datenrecherche,
nicht durch wissenschaftliche Beweise, sondern durch einen dramaturgischen
Kniff, auf den er bestimmt nie reinfallen würde:
... solange er nahe ist ...
Gott ist gar nicht weit weg. Er ist nahe.
Das war es, was ihn irritiert hat. Er suchte
in der Ferne, er nutzte die technischen Möglichkeiten.
Aber Gott anrufen, ihn suchen - dazu braucht
es kein Telefon.
Denn das kannte man damals auch noch nicht,
als der Jesaja das sagte.
Dazu braucht es nur ein leises oder lautes
Wort, einen Gedanken, ein Hinwenden, und Gott ist nahe.
Gott wendet sich uns zu.
Gott wurde Mensch, und er will sich finden
lassen - auch heute noch, in all dem Trubel, den wir veranstalten, hinter
all den Gottesbildern, die uns den Blick verstellen.
Und die Telefonnummer?
Ach so.
Die steht auch in der Bibel: Psalm 50, Vers
15.
Schau'n Sie mal rein ;o)
Karl-Martin
Voget
Pastor in den Kirchengemeinden Haimar und Rethmar
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