Seit einigen Jahren wohne ich in einem Dorf, auf dem Land. Tag für Tag fahre ich auf dem Weg zur Arbeit an Feldern vorbei. Jetzt sind viele Felder abgeerntet, werden gepflügt.

Und wieder schließt sich ein Kreis: Im Frühjahr wurde gesät, später kamen die ersten grünen Triebe aus der Erde heraus, die Pflanzen wuchsen. Im Sommer leuchteten die Rapsfelder weithin durch die Landschaft, das Getreide stand im Korn. Jetzt wird geerntet.

Täglich sehe ich das. Aus dem Auto oder vom Fahrrad. Und bekam dadurch ein ganz anderes Gefühl für das Heranwachsen der Ernte. Ich freue mich mit, wenn die Felder reife Frucht tragen. Und leide mit, wenn nach einem Sturm oder Hagelschauer die Ähren geknickt am Boden liegen.

Von Tagesanbruch bis spät in die Nacht sind die Landwirte jetzt unterwegs. Trotz aller Maschinen gehen sie einer harten Arbeit nach. Unsere Nachbarn sind Bauern. Zur Erntezeit sehe ich manch-mal noch spät abends die Scheinwerferkegel der Traktoren über die Felder schwanken. 

Hier auf dem Lande, zwischen den Feldern, da weiß ich, wo unser Essen herkommt - und ich spüre das Wunder der Schöpfung. Aus einem vergleichsweise winzigen Samenkorn wächst die Frucht, die uns ernährt - und das Jahr für Jahr wieder neu. Sicher unterstützt von Chemie und Technik, aber ohne die sich immer wieder erneuernde Kraft der Schöpfung und die Arbeit der Bauern würde das alles nichts nützen.

Das Entedankfest am ersten Sonntag im Oktober ist für viele Landwirte ein ganz wichtiges Fest. Und nicht nur für sie. In den Kirchen danken wir Gott, dem Schöpfer, für die wunderbare Kraft der Natur. Für Weizen, Brot, Früchte und Gemüse. Ja, eigentlich für alles, was wir ernten. Es gibt ja auch geistige Saat, die Früchte tragen kann. 

Für manche Christen ist der Erntedanktag auch ein stiller Bußtag. Das Fest der Erntegaben stellt uns eindringlich vor Augen, wie be-droht und zerbrechlich die Schöpfung ist. Fast Woche für Woche hören wir zur Zeit von Katastrophen überall auf der Welt, von Erdbeben, Unfällen in Atomfabriken. Menschen werden verletzt und getötet, leiden und leben in Angst und Not. Wie in einem Erntedankgottesdienst können wir mit einem alten irischen Segen auch Für die beten:

Möge der Schöpfer des Universums, der dir das Leben gab, dich segnen:
Er segne deinen Tag und deine Arbeit, 
er segne deinen Kopf und deine Füße, 
er segne dein Herz und deinen Mund, 
er segne deine Familie und das Vieh. 
Er lasse das Gras mit seinem Segen gedeihen und das Korn.
Er segne auch deinen Nachbarn und den Kranken, den du nicht kennst.
Er möge auch dein Alter segnen und deinen Tod. 
Denn nichts wächst und reift und wird Frucht 
ohne den Segen dessen, der über dich wacht
und über die Welt.
 

Peter Büttner
Pastor in Kirchwehren
 

 

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