MAULKORB FÜR CHRISTEN ?!?
Heißt es da nicht an anderer Stelle: "Herr, tue meine Lippen
auf." ? Und immer wieder klingt es mir in den Ohren: "Warum schweigt die
Kirche denn dazu? Hat sie nichts zu sagen?"
Ironischerweise warfen tatsächlich einige Menschen der Kirche vor,
sie solle sich aus der
Sonntagsdebatte
heraushalten, in Wirtschaftsfragen sei sie doch gar nicht kompetent. Gut,
daß "die Kirche" nicht geschwiegen hat.
Und auch vor schwierigen Fragen wie
gleichgeschlechtlichen
Lebensgemeinschaften kann sie nicht die Augen verschließen und
muß eindeutig Stellung beziehen. Unsere Bischöfin hat es getan.
Gut, daß sie nicht geschwiegen hat.
"Herr, stelle eine Wache vor meinen Mund..."betet
der König David. Er bittet Gott darum, wahrhaftig zu bleiben und nicht
auf die Verlockungen des Bösen hereinzufallen. Hier redet er mit Gott,
bevor er zu den Menschen reden muß. Auch ich muß mmer wieder
etwas schreiben oder sagen als Christenmensch und als Vertreter der Kirche.
Aber auf das Wie kommt es an. Wenn ich glaubwürdig sein
will, dann muß ich mir gut überlegen, was ich sagen will. Und
ich bin nicht automatisch für alles kompetent, nur weil ich Christ
bin. Manchmal muß ich etwas provozieren, damit ein Gespräch
überhaupt zu Stande kommt. Aber die Art der Gesprächsführung
muß doch deutlich machen, worum es geht: um Sachfragen kann ich streiten,
aber nicht um Menschen. Darum kann ich "die anderen" nicht einfach ins
Verderben laufen lassen. Vielleicht kommen wir nicht zueinander, und ich
muß es dann letztlich doch. Aber ich kann nicht schweigen dazu.
"Herr, stelle eine Wache vor meinen Mund..."
Es
ist gut, wenn ich das, was ich rede (oder schreibe), nicht einfach so herausströmen
lasse. Denn der erstgenannte Vers (Herr, tue meinen Mund auf) geht weiter:
"... zu deinem Lob!" Nicht zu meinem Ruhm, nicht damit ich
Recht habe, nicht, um andere klein zu machen. Aber das heißt auch
nicht, daß ich immer nur zustimmen muß, um die scheinbare Harmonie
- mühsam erkämpft - nicht zu zerstören. Ein klares und deutliches
Wort ist gefragt.
"Herr, stelle eine Wache vor meinen Mund..."Es
ist gut, wenn ich das, was ich rede (oder schreibe), zunächst vor
Gott tue. Das kommt unserem Umgangston sehr zu Gute, und meine Stimme wird
wieder gehört, weil ich etwas sage und nicht nur rede. Einen Maulkorb,
eine Art geistliche Zensur, bindet mir Gott nicht vor, eher einen Filter,
der das Unreine, Unwahrhaftige, Ungute heraushält aus meinem Reden.
Und so bleibe auch ich frei, weil ich nicht Versprechungen mache, die ich
nicht halten kann oder Verbindungen eingehe, die mir schaden.
Ich wünsche mir und Ihnen, die Sie dieses lesen, daß wir
lernen zu schweigen, wo es nötig ist, aber etwas zu sagen, wenn wir
reden, wo und wie es noch nötiger ist.
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