Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?
(Lukas 24, 5)
   

Der mir merkwürdigste Satz der Osterevangelien ist der von Maria Magdalena, die am leeren Grabe die Erscheinung Jesu verwechselt: "Sie meinte, es sei der Gärtner"! (Johannes 20,15).
Seit einem Besuch des Gartengrabes in Jerusalem ist er mir verständlicher. Denn es gibt viele Orte in Israel, an denen ich mich in der Geschichte Jesu wiederfinde, Orte die mir besondere, heilige Orte sind. Das Gartengrab gehörte für mich nicht dazu.
Ein merkwürdiger Ort christlicher Frömmigkeit. Im Inneren durchaus eindrucksvoll, doch äußerlich eher geflickt und in einer sehr nach europäischen Maßstäben gestalteten Umgebung. Ein parkähnlicher Garten, bevölkert von unzähligen Pilgergruppen, die in vielen Nischen Andachten halten und auf den Wegen wandeln. Ich möchte keinem zu nahe treten, aber ich habe mich eher wie auf den Wegen eines Zoos gefühlt als auf einem Friedhof, an einem Grab.
Und auch eher einen Gärtner erwartet.
Nun ist die Echtheit dieser Wallfahrtsstätte historisch mehr als unwahrscheinlich, es gibt keine Belege dafür. Erst seit 1883 wird es von einigen Gruppen für Jesu Grab gehalten. Die Tradition sieht es eher an dem Ort, über dem die Grabeskirche errichtet wurde. Wohler gefühlt habe ich mich überall dort, wo mir die jüdischen Wurzeln unseres Glaubens einsichtiger wurden, auf den Hirtenfeldern Bethlehems, in der Altstadt Jerusalems, am See Genezareth, im Jordantal oder der Wüste.
Entscheidend aber: Wir Christen treiben keinen Totenkult um Jesus.
Trauer und Grabpflege in der Familie sind wichtig. Doch das Turiner Leichentuch mag echt sein oder nicht, es ist für meinen Glauben nicht bedeutend.
Wichtig sind die Spuren Jesu in dieser Welt, in meinem Leben. Was der Auferstandene bewirkt, kann ich mit Menschen erfahren, die mir begegnen, mit denen ich Ostern feiere.
Menschen, die im Kreuz, im Tod nicht das Letzte sehen, sondern dahinter die Hoffnung, die sie wieder leben läßt. Menschen, die anderen die Hand reichen, weil sie gehört haben:
Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!

Ele Brusermann
Pastor in Leeste (bei Bremen)