Gedanken zum Monatsspruch Januar 2001
 
Jesus Christus spricht: Wie ihr wollt, dass die Leute euch tun sollen, so tut ihnen auch! (Lk 6,31) Ist das nicht ein bisschen simpel? Die sogenannte "Goldene Regel", sie ist ja Alltagsweisheit. Auch als Sprichwort ist sie bekannt: "Was du nicht willst das man dir tu, das füg auch keinem andern zu." Meine Mutter hat damit nahezu alle geschwisterlichen Streitigkeiten kommentiert. Und auch Immanuel Kant hat im kategorischen Imperativ formuliert: "Handle nach der Maxime, von der du wollen kannst, dass sie zum allgemeinen Gesetz werde."

Jesus fasst im Lukasevangelium mit der Goldenen Regel die Bergpredigt , das Gebot der Feindesliebe und das höchste Gebot der Gottes- und Nächstenliebe zusammen. Wer die Regel anwendet tut das mit Blick auf ein größeres Ganzes. Das ist gerade heute eine Herausforderung. Wir leben zwar im Zeitalter der Globalisierung, aber die Rücksicht auf den anderen ist gerade nicht Maxime des Handelns. Vielmehr gilt: jeder ist sich selbst der Nächste, durchsetzungsfähig musst du sein, Konkurrenz belebt das Geschäft. Das ist die Goldene Regel ein widerständiges Thema. Und das gilt auch für den persönlichen, den privaten Bereich.

Die wohl tiefsten Verletzungen erlebt jeder Mensch, wenn er durch einen anderen, der ihm oder ihr nahe steht verletzt wird. Möchte ich so gemobbt werden, wie ich meinen Kollegen fertig mache. Wenn ich ständig nörgele, dass keiner sieht, was ich für die Familie leiste, erkenne ich denn die Leistung und den Einsatz der anderen an?
 
Streitigkeiten zwischen den Generationen, zwischen Paaren, sie können zur Erniedrigung werden. Da kann die Goldene Regel heilsames Korrektiv sein. Manchmal sind es die "simple things" (wunderbares Lied von Joe Cocker!), die das Leben wertvoll machen und die einfachen Regeln, die große Maßstäbe sind. Die Goldene Regel ist ein solcher Maßstab, ja, geradezu ein Leitmotiv für das neue Jahr.

P.S. Falls Sie Zeit haben, ins Kino zu gehen: "Jetzt oder nie" ist 
ein wunderbarer Film über alte Menschen. Wie mit ihnen umgegangen  wird und wie viel Lebenskraft, Weisheit, Humor in ihnen steckt. Lustig und nachdenklich, vor allem mit Blick auf: Wie ihr wollt, dass die Leute euch tun sollen, so tut ihnen auch....
 
 
Dr. Margot Käßmann
Landesbischöfin
 
 
 
http://www.evlka.de/labi/labi.html

 

 

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