Wort zum Monat Oktober 2006

Du sorgst für das Land und tränkst es; du überschüttest es mit Reichtum.

(Psalm 65, 10 a)

Bei meinen Freunden in Israel und in Palästina muss jeder Quadratmeter Acker- und Kulturland mühsam der Trockensteppe abgerungen werden. Von dort stammt dieses Psalmwort. Wer dort erlebt, wie nach genügend Regen Ähren und Baumzweige schwer werden vor lauter Frucht, stimmt gern mit ein.
In unseren Breiten haben sich die Zeitungen heuer schwer getan, das Sommerwetter zu beschreiben. „Zu warm". „Zu kalt." „Zu trocken" - solche Urteile hatten sie schon längst vorher vergeben, in ganz gemäßigten Jahren. Denn jeden Monat weicht das wirkliche Wetter von den statistischen Werten ja irgendwie ab. Und statt sachgemäß von „überdurchschnittlich warm" oder „kühler als der Durchschnitt" zu sprechen, haben die Medien ihre harten Zensuren verteilt: „Zu warm." „Zu kalt." Wie unzufrie-dene verwöhnte Kinder. Kann man's uns denn noch recht machen?
Kommt es vielleicht, wie oft im Leben, auf den Blick an? „Du, Gott, sorgst für das Land." Wenn die Weizenernte neunzig Prozent des Mittelwerts erreicht, versteift sich dieser Blick nicht auf die zehn, die angeblich „fehlen" - auch wenn in diesen letzten Prozenten der Gewinn liegt, der den Anbau wirtschaftlich interessant macht. Neunzig Prozent: ist das keine Fülle? Vermögen sie nicht Millionen Menschen satt zu machen? Und ist der Durchschnitt der Statistiker etwa das Maß für Gottes Güte? Was sind wir doch manchmal für verwöhnte Kinder.
Den eigenen Blick gilt es zu erfrischen und zu erneuern. Statt des halbleeren Glases das halbvolle sehen. Bei einem vollen Erntewagen nicht nur an Getreideschwemme, Milchseen und Preisverfall denken, sondern an duftendes Brot und daran, dass nichts selbstverständlich ist, buchstäblich nichts. „Du sorgst für das Land und tränkst es; du überschüttest es mit Reichtum." Auch das eigene Leben hat seine Dürren und Durstrecken. Gleicht es nicht auch einem Acker, staubig und dürr in manchen Zeiten - und dann wieder mit Segen getränkt, so dass etwas wachsen, blü-hen, fruchten kann? Da sorgt einer für uns. Und nichts ist selbstverständlich. kein Foto vorhanden




Hans Schlumberger
Pfarrer in Weißenbronn (Heilsbronn)

Homepage: www.dekanat-windsbach.de/weissenbronn/


Das ist wahr! Auch wenn die Kartoffel- und Getreideernte geringer als sonst ausgefallen ist, reiften das Obst und der Wein umso besser. Von Gottes Fürsorge können wir Jahr für Jahr berichten. Und wenn wir Grund zum Klagen haben, dann immer noch auf einem hohen Niveau.

Gott danken
Was sollen wir tun? Gott danken. Es ist so schlicht und so elementar, dass wir es oft übersehen. Der Satz "Gott sei Dank", bewusst gesagt, hat einen ganz anderen Inhalt als das gedankenlose "Ach Gott, ach Gott". Und warum schämen wir uns eigentlich, ein kurzes Tischgebet zu sprechen und einfach Gott für das Essen zu danken? Was ist selbstverständlicher als das? Der äußere Reichtum an materiellem Wohlstand, an innerer Sicherheit und Stabilität sind freundliche Gaben Gottes, die er (noch) gibt. Sie enthalten eine verschlüsselte Botschaft. Sie lautet: Sucht Gott, solange er sich finden lässt. Er kommt uns nahe in seinem Wort, das wir in über dreißig deutschen Übersetzungen lesen können. Er kommt uns nahe in seinem Sohn Jesus Christus. Der sagt von sich: Wer mich sieht, sieht den Vater. Gott ist in seinem Wesen kein bisschen anders als Jesus Christus.

Dem Nächsten geben
Was sollen wir tun? Dem Nächsten geben. Auch in unserem Land wird die Schere zwischen arm und reich größer. Straßenkinder sind längst eine Realität. Die Wirklichkeit echter Armut wird uns in den nächsten Jahren wohl noch massiver einholen. Wir brauchen wache Augen, um die verdeckte Armut zu erkennen. Manche alten Leute leben von einer spärlichen Rente sehr knapp. Wirkliche Armut wird aus (verständlichem) Schamgefühl verdeckt. Wir sind nicht verantwortlich für alle Not der Welt. Wir können auch nicht überall helfen. Aber in unserer Nähe, in unserem Haus oder in unserer Straße können wir Hilfsbedürftige entdecken. Ich wünsche Ihnen ein neues Entdecken der Fürsorge Gottes!Dr. theol. Manfred Dreytza




Dr. theol. Manfred Dreytza
Dozent im Geistlichen Rüstzentrum Krelingen

Homepage: www.grz-krelingen.de


Die Meditationen wurden veröffentlicht im Rahmen der
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Die Rechte an den Texten liegen bei den Verfassern.


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