Wort zum Monat September 2007
Jesus Christus spricht:
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Mein Sohn ist acht. Im Sommerurlaub war Quartett-Spielen angesagt. In jeder freien Minute wurden die Karten befragt: die teuerste Luxuslimousine, der schnellste Rennwagen, der stärkste Panzer, die längste Lokomotive. Die Welt der Superlative hat etwas Faszinierendes. Jungen sind dafür sicher empfänglicher als Mädchen. Im Quartett wird gefragt nach Spitzengeschwindigkeit, nach Preis und Leistung und Gewicht. Man will bei den Gewinnern sein. Verlierer-Typen haben keinen Reiz.
Wenn wir erwachsen werden, spielen wir natürlich nicht mehr Quartett, aber unsere geheimen Großmachtsphantasien bleiben. Wir träumen uns hinein in die Welt unserer Idole, wären gerne so reich wie Bill Gates, so schlank wie Heidi Klum, so umjubelt wie die deutschen Fußballer des WM-Sommers 2006. Und einmal im Leben würden wir gerne den Jackpot im Lotto knacken und dann alles hinter uns lassen, was das Leben bisher so mühsam und beschwerlich machte. Großmachtsphantasien hatten auch die Jünger Jesu. Einige waren Fischer am See Genezareth gewesen. Jesus hatte sie zu Menschenfischern gemacht. Jetzt träumten sie vermutlich davon, ihm machtvoll zur Seite zu stehen, wenn er als König in Jerusalem einzieht. Doch Jesus musste sie einstimmen auf das, was wirklich kam – eine bittere Zeit des Leidens. Die Jünger reagierten mit Unverständnis. Auch Petrus widersprach. Doch Jesus fragte in die Runde: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?“ Dank des Übersetzers Martin Luther enthält diese Frage die sicherlich schönsten Konjunktive der deutschen Sprache. Aber es ist keine wirkliche Frage, sondern die Frage ist schon die Antwort. Jesus sagt: Nein! Es hilft nichts, die ganze Welt zu gewinnen. Das würde unser Leben noch nicht sinnvoll und erfüllt machen. Wir müssten über uns hinauswachsen – hin zu unserer wahren Bestimmung. Und das geht wohl nur, wenn wir nicht die Welt gewinnen, sondern Abstand zu uns selber. In biblischer Zeit war die Wüste der richtige Ort, um Abstand zu gewinnen. 40 Tage ging Elia durch die Wüste. Am Endes des Weges war er innerlich bereit, Gott ganz anders zu sehen als er es sich erdacht hatte. Jesus selber fastete 40 Tage in der Wüste und erlernte, dass man allen Versuchungen widerstehen kann. „Ich bin dann mal weg“. So heißt das Pilgertagebuch von Hape Kerkeling. Er lief zu Fuß zum Grab des heiligen Jakob – fast 800 Kilometer durch Spanien bis nach Santiago de Compostela – und erlebte die reinigende Kraft der Pilgerreise. Er schrieb: „Dieser Weg ist hart und wundervoll. Er ist eine Herausforderung und eine Einladung. Er macht dich kaputt und leer. Und er baut dich wieder auf. Er nimmt dir alle Kraft und er gibt sie dir dreifach zurück.“ 40 Tage war Hape Kerkeling unterwegs – so lange wie Jesus und Elia. Sein Buch ist ein Bestseller. Es gibt in diesem Buch viel zum Schmunzeln. Das ist ja bei einem von Deutschlands besten Komikern nicht anders zu erwarten. Sein Tagebuch ist in Tagesepisoden aufgeteilt. Am Ende steht immer eine Erkenntnis des Tages. Einige seiner Erkenntnisse könnten auch Stationen auf unserem eigenen Weg werden: „Weiter, nicht umdrehen! - Ich halte mehr aus als ich denke. - Man muss die eigenen Grenzen auch mal bewusst überschreiten. - Meine Schwäche ist auch meine Stärke. - Ein echter Weg nimmt einen Menschen nicht gefangen. - Mir selbst habe ich mich lange genug zugewendet. Jetzt sind die anderen an der Reihe.“ Wolfgang Thon-Breuker Pastor an der evangelisch-lutherischen Pankratiuskirche in Burgdorf Homepage: www.pankratius.de
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Die Meditationen wurden veröffentlicht im Rahmen der
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