Wort zum Monat Juli 2006

Jesus Christus spricht:
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.

(Johannes 6, 37)

Sind Sie schon einmal abgewiesen worden? Was war das für eine Situation? Wollten Sie jemanden besuchen, der Sie aber nicht sehen wollte? Vielleicht ein Freund, mit dem Sie etwas klären wollten? Eine Person, mit der Sie Streit gehabt haben? Ein Mensch, der von Ihnen enttäuscht ist und keinen Kontakt mehr will? Sie standen an der Haustür und wurden nicht hereingelassen. Wie war das als, Sie abgewiesen wurden? Hat Sie das berührt? War es Ihnen gleichgültig? Wie fühlen Sie sich, wenn Sie abgewiesen werden? Lässt Sie das kalt? Drehen Sie sich um und gehen selbstbewusst weg? Oder sind Sie gekränkt und gehen bedrückt nach Hause? - Abgewiesen - weggeschickt - unerwünscht. Niemand lässt sich gerne abweisen. Niemand kann sich davon freimachen, dass es einen Stich versetzt, nicht erwünscht zu sein. Selbst wenn es uns gelingt, die Kränkung nach außen nicht zu zeigen, so sind wir doch innerlich verletzt.

Waren Sie auch schon einmal in der umgekehrten Position? Haben Sie schon einmal jemanden weggeschickt ? Haben Sie schon einmal einem Menschen vermitteltet: Mit dir will ich nichts zu tun haben? - Vielleicht hatte das ja gute Gründe. Sie sind verletzt worden, Sie wollen sich keine weiteren Verletzungen zufügen lassen. Manchmal ist es überlebensnotwendig sich abzugrenzen. Aber grundsätzlich gehört es zum Gebot der Nächstenliebe, andere mit ihrem Anliegen wenigstens anzuhören, ihnen nicht die Tür zu weisen, sie nicht im Regen stehen zu lassen. Das kränkt und macht klein. Niemand möchte Kränkungen hinnehmen, niemand möchte sich demütigen lassen.

Da sind Leute zu Jesus gekommen. Sie wollen ihn hören, sie haben ihn gesucht, sie finden ihn auf der anderen Seite des Sees. Sie brauchen seine lebensspendenden Worte, seine heilsame Nähe. Sie bekommen eine Ahnung davon, dass bei ihm das Brot des Lebens zu finden ist. Sie wollen eine Speise, die nicht vergänglich ist, sie hungern nach dem Himmelsbrot, das ihren Hunger ein für alle Mal stillt. Jesus hat solches Brot anzubieten; er ist selbst das Brot. Er weist die Menge nicht ab, lässt sie an sich herankommen, erkennt ihre Sehnsüchte, nimmt sie ernst, stößt sie nicht zurück, stillt ihren Hunger. „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.", sagt Jesus. Zuvor hat er von sich als das Brot des Lebens gesprochen. Sie hungern nach segensreichen Worten und Gesten, nach Zuwendung und Annahme.

Auch wir haben Hunger nach heilen Beziehungen. Wir haben Hunger nach einer intakten Gemeinschaft. Wir sehnen uns nach Anerkennung und Annahme. Der Wunsch nach einem gelingenden Leben ist tief verwurzelt in unserem Herzen, eben weil wir auch das andere kennen: dass Menschen sich gegenseitig fertig machen, dass sie einander nicht gelten lassen, dass ein gutes Miteinander zerstört wird. Bei uns kann noch lange nicht jeder kommen.

Jesus weist niemanden ab. Bei ihm ist jeder Mensch willkommen und angenommen. Wo Menschen angenommen werden, fühlen sie sich wohl. Wo sie willkommen sind, werden sie bestätigt und bestärkt. Das verleiht ihrer Seele Flügel und gibt Kraft. Jesus bietet allen Menschen Freundschaft und Gemeinschaft an. Zu ihm dürfen wir kommen. Bei ihm sind Kraft und Zuversicht.
Christiane Borchers






Christiane Borchers
Diplomtheologin und Pfarrerin

Die Meditationen wurden veröffentlicht im Rahmen der
Homepage der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover.
Die Rechte an den Texten liegen bei den Verfassern.


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