Wort zum Monat Mai 2004
Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.
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| Gelegentlich liegen Angebote wie dieses in der Post: Ich sei in dem Postleitzahlengebiet, in dem ich wohne, einer der ganz wenigen, der ausgewählt wurde (wodurch oder durch wen, wird nicht gesagt), dieses supertolle Lexikon oder jene fantastische Musik-CD-Sammlung zu erwerben. Ich müsste unbedingt zugreifen, denn die Auflage sei streng limitiert. Und zusätzlich liegt noch die Einladung bei, an einem Preisausschreiben teilzunehmen mit tollen Gewinnchancen. Absolut exklusiv! Wer sich nur für ein kleines Rädchen im System hält - und, Hand aufs Herz, das trifft für die meisten Menschen zu -, der muss sich bei einem derartigen Angebot gleich besser fühlen.
Das Bibelwort schlägt einen ganz anderen Ton an: Nicht einigen wenigen Zeitgenossen gilt das Interesse Gottes, sondern allen Menschen. Die Gemeinschaft der Glaubenden ist also kein Club, für den nur Platin-Karten-Besitzer Zutritt haben. Die Realität in unserer Kirche sieht hier und da jedoch anders aus: Wer nicht oder nicht regelmäßig den Gottesdienst besucht (und nur seine Kirchensteuer bezahlt), der wird schon mal als U-Boot-Christ bezeichnet oder gar als Karteileiche abgestempelt. Um nicht missverstanden zu werden: Zum Christsein gehört die Gemeinschaft, darüber lässt die Bibel keinen Zweifel aufkommen. Und die drückt sich im Gottesdienst, im Hören auf das Wort Gottes aus, im gemeinsamen Beten und Singen. Wer sich dem entzieht, macht es Gott schwer, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Was mich an meiner Kirche manchmal stört, ist die Haltung, die Kerngemeinde sei die wahre Gemeinde, die Auserwählten Gottes. Das finde ich ganz schön hochmütig. Gott ist großzügiger als wir oft denken. Gott will sich nicht mit der kleinen Schar abfinden, er will mehr - alle. Und das hat er zu bieten: „Erkenntnis der Wahrheit". Klingt für die einen ziemlich geschraubt, für die anderen stellt sich die Frage, was denn Wahrheit sei. Wir haben schmerzhaft gelernt, dass niemand sich allein im Besitz der Wahrheit wähnen darf. Das heißt freilich nicht, dass das Christentum verzichten muss, von Wahrheit zu reden. Gott beziehungsweise Jesus Christus ist „der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Johannes 14,6). Dort liegt die Wahrheit, nicht in einer bestimmten Kirche, nicht beim einzelnen Christen. Erkenntnis der Wahrheit im christlichen Sinne verstehe ich so, dass Gott will, dass ich einsehe, dass seine Botschaft zuverlässig ist, dass auf ihn Verlass ist, er mir Gutes will und mein Leben einen Sinn hat. Wie das geht? Ich muss mich auf Gott verlassen. Das ist ganz wörtlich zu nehmen: Es geht um das Verlassen. Der Mensch geht aus sich heraus, er verlässt sich. Er lässt sich helfen. Gott will mir helfen - das sollte ich mir gefallen lassen. 
Udo Hahn Oberkirchenrat Pressesprecher der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) VELKD
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