Wort zum Monat Februar 2010

Die Armen werden niemals ganz aus deinem Land verschwinden. Darum mache ich dir zur Pflicht: Du sollst deinem Not leidenden und armen Bruder, der in deinem Land lebt, deine Hand öffnen.

(5. Mose 15, 11)

Das unterscheidet die so genannten christlichen Länder von den muslimisch geprägten Ländern:
In den christlichen Ländern ist die Versorgung der Armen und Hilfebedürftigen in der Regel gesetzlich geregelt und durch den Staat organisiert.
In muslimischen Ländern ist die Versorgung der Notleidenden zunächst Sache der Familie, dann aber auch durch die religiöse Vorschrift des Almosengebens an Bedürftige geregelt. Jeder, der einem Hilfebedürftigen begegnet, muss diesem helfen. Das ist kein staatliches Gesetz, aber eine religiöse Vorschrift.
In unserem Land gibt es verschiedene Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern: Krankenkassen, Rentenversicherungen, Arbeitslosenversicherungen sollen dafür sorgen, dass niemand Not leiden muss. Daran haben wir uns gewöhnt, kaum einer fühlt sich persönlich für die Not seiner Mitmenschen verantwortlich. Der Staat hat die Aufgabe, sich um Notleidende und Hilfebedürftige zu kümmern.
Nun wissen wir schon eine ganze Weile, dass das nicht funktioniert. Die öffentlichen Kassen werden leerer, gleichzeitig ist von Steuererleichterungen die Rede und der überwiegende Teil der Bevölkerung ahnt bereits, welche Ausgaben zum Ausgleich der fehlenden Steuereinnahmen gekürzt werden sollen. Sozialleistungen, Hilfen für Alte und für Kinder können nicht mehr "so großzügig" verteilt werden.
Wir sehen auch, wie die Zahl der Armen in unserem Land immer mehr zunimmt. Viele Kinder bekommen keine ausreichende und gute Ernährung, alte Menschen, die ihr Leben lang fleißig waren, sind auf Sozialleistungen angewiesen und bekommen nur ein geringes Taschengeld zugeteilt.
Aber was sollen wir daran ändern? Was hilft es, wenn ich einem bettelnden Menschen in der Fußgängerzone einen Euro in den Hut lege? Außerdem - so sind wir es gewohnt - ist die Fürsorge doch Aufgabe der "öffentlichen Hand".
Im Bibelwort für den Monat Februar ist nicht von der öffentlichen Hand, sondern von der offenen Hand die Rede.
Hände, die sich öffnen, sind eine Einladung zum Gruß: Ich begegne dir in Freundschaft, ich möchte dich festhalten und nicht fallenlassen, ich werde dich aber auch wieder loslassen und dir deine Freiheit nicht nehmen. Das bedeutet es ja, wenn Menschen sich zum Gruß die Hand reichen.
Geöffnete Hände können geben: Hier nimm, du hast es nötig, nimm aus meiner Hand, ich habe genug. Geöffnete Hände lassen den überfließenden privaten Reichtum los und geben. Geöffnete Hände sind gebende Hände.
Eine offene Hand ist auch eine Hand, die zupacken kann, die helfen kann, wo Hilfe notwendig ist. Niemand kann einen Mitmenschen festhalten oder ihm helfend zur Seite stehen, wenn er dabei seine Fäuste geballt hat und die Hände nicht öffnet. Mit geöffneten Händen können Menschen die Not anderer anpacken, Hindernisse aus dem Weg räumen.
Geöffnete Hände können einen Mitmenschen berühren, die Hand halten, ihm über die Wange streichen und ihn trösten. Mit geschlossenen Händen wäre das unmöglich.
Geöffnete Hände können sich schließlich auf das Haupt eines Mitmenschen legen, um ihn zu segnen, um eine Verbindung zwischen Menschen zu schaffen, um Glauben und Segen weiterzugeben.
Geöffnete Hände können sich zum Beten zusammenlegen oder gefaltet werden. Sie bleiben dabei geöffnet und halten nichts fest, außer sich selbst.
Geöffnete Hände sind schließlich auch empfangende Hände, Hände, die von Gott und den Mitmenschen annehmen können.
Offene Hände - Ihre eigenen und die Ihrer Mitmenschen - das wünsche ich Ihnen. Pastor Martin Albroscheit

Martin Albroscheit
Pastor im Diakonisches Werk Wolfsburg e.V.

Homepage: Diakonisches Werk Wolfsburg e.V.

Die Meditationen wurden veröffentlicht im Rahmen der
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Die Rechte an den Texten liegen bei den Verfassern.


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