Wort zum Monat April 2007

Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn.

(Römer 14, 8 b)

Liebe Leserinnen und Leser,

die liebe Familie, da liegen Freud und Leid oft dicht beieinander... Ich meine jetzt nicht nur die Kernfamilie, Vater, Mutter und die Kinderschar, sondern Familie im weiteren Sinne, die Großeltern, die Onkels und Tanten, Nichten und Neffen und was es da alles so gibt. Also alle, die wir auch „die Angehörigen“ nennen. „Angehörige“ klingt zwar nüchterner als Familie, ich brauche dieses Wort aber, weil ich es auf unseren Bibelvers, den Monatsspruch für April, beziehe. „Wir gehören dem Herrn“ – wir sind Angehörige Gottes, so sehe ich das. Angehörige der Familie Gottes.

Vollkommen idyllisch ist so eine Familie aber in den seltensten Fällen und auch die viel beschworene tolle Großfamilie, die es irgendwann gegeben haben soll, ist wohl eine Idealisierung. Es wäre schon ein kleines Wunder, wenn es zwischen Großmutter und Enkel, Bruder und Schwester, Vater und Tochter, Neffe und Tante immer friedlich und harmonisch zuginge – von irgendwelchen so genannten Familiendramen will ich gar nicht erst reden. Aber Familie ist nun mal Familie, es sind unsere Angehörigen, die, die zu uns gehören – von sich aus, ohne unser Zutun. In der Familie sind wir verwurzelt. Und es ist bedrückend, ganz ohne Angehörige leben zu müssen.

„Ob wir leben oder ob wir sterben“ heißt es in dem Monatsspruch – das ist ein wichtiges Merkmal für Familie. Ich gehöre nicht nur dazu, so lange ich präsent und nützlich bin. Ich gehöre in einen größeren Zusammenhang – es gibt Menschen und wird Menschen geben, die wissen wollen, wer alles zu ihrer Familie gehört und früher gehört hat – und ich werde nicht so schnell vergessen.

Als Paulus schrieb „Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn“ steckte er mitten in den schönsten Familienstreitigkeiten. In sich war die christliche römische Gemeinde so verschiedenartig, wie es heute die weltweiten Christen und schon die Christen in unserer Landeskirche sind. Und sie stritten darum, wie sich ihr Glaube im täglichen Leben auswirkt, welche Konsequenzen er hat.

Paulus, den die Streitigkeiten in der römischen Gemeinde bestimmt genau so genervt haben, wie uns heute die Uneinigkeit der Konfessionen und auch innerhalb der Konfessionen auf die Nerven geht, appelliert an das Band, das uns Christinnen und Christen zusammenhält, also sozusagen an die alles übergreifende Familienbande: „Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn.“ Wenn das so ist, so können wir fortfahren, werden dann nicht die Unterschiede, die Streitigkeiten und was es sonst zwischen euch gibt, ganz klein?

Wir sind Angehörige Gottes – das ist eben ein richtiges An-gehörig-Sein, nicht nur eine Zugehörigkeit. Wir können zu einer Partei gehören, zu einem Verein, zu einer Schulklasse, zu einem Club und derart mehr. Aber das alles ist bei weitem nicht das, was es bedeutet, ein Angehöriger von jemandem zu sein. In unserem Falle bedeutet es, dass unser ganzes Leben ihm, dem Herrn über Leben und Tod gehört. Es beinhaltet, dass sein Leben und Sterben uns ganz persönlich etwas angeht. Wir gehören nicht zum Fanclub von Jesus, sondern umgekehrt: er hat uns zu seinen Familienmitgliedern gemacht.

In der Karwoche und an Ostern können wir unsere Familienwerdung Schritt für Schritt – von Karfreitag bis Ostern - nachvollziehen, miterleben und am Ende sagen: „Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn.“.

Amen.
Dr. Johannes Neukirch






Dr. Johannes Neukirch
Internetbeauftragter der Landeskirche


Homepage: Homepage der hannoverschen Landeskirche

Die Meditationen wurden veröffentlicht im Rahmen der
Homepage der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover.
Die Rechte an den Texten liegen bei den Verfassern.


zur Übersichtsseite der Meditationen