Wort zum Monat April 2006

Jesus Christus ist die Versöhnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt.

(1. Johannes 2, 2)

Lichterloh, die Welt wird brennen, Schreckensangst wird dann auf Erden sein,
du warst nicht vorbereitet, Mütter sterben, Kinder sind allein,....
so begann ein Lied, das in einem Jugendkreis gesungen wurde, den ich früher besucht habe. Es war der Schlager überhaupt.
In heiterem D-Dur breitet das Lied ein Horrorszenario aus. Den Tag, an dem Jesus wiederkommen wird. An dem es den wahren Christen gut und allen anderen Menschen schlecht ergehen wird.

In einer der Jugendstunden malte sich der Leiter diesen Tag in epischer Breite aus. Nur der rechte Christ werde dem Schrecken entgehen, alle anderen würden die Hölle erleben.
Es war eine der Stunden, in denen mein Glaube sich begann zu verändern. Ich dachte an die Menschen, die mir am Herzen lagen, die aber keine „wahren Christen" nach der Definition des Jugendleiters waren. Ich dachte an die, die in einem anderen Kulturkreis aufwuchsen und nie von Jesus Christus gehört hatten. Und mir kamen Zweifel, ob ich an einen Gott glauben wollte, der einen großen Teil seiner Menschen ins Verderben rennen und in der Hölle schmoren ließ. Zweifel aber auch an dieser Art der Frömmigkeit, die mir sadistisch und voller Rachelust erschien.

Trotzdem: Nicht nur für Menschen, die so denken, ist der Monatsspruch eine Provokation. Auch ich frage mich manchmal, wo Gott den Schnitt machen wird, wo seine Geduld zuende ist.
Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein brutaler Mörder im Himmel neben seinem Opfer sitzt. Geradezu unerträglich ist der Gedanke, dass Adolf Hitler sich nicht verantworten muss für das, was er hier auf der Erde angerichtet hat.

Der Monatsspruch holt mich zurück aus solchen Gedanken. Er untersagt mir, mich über die anderen und damit an die Stelle Gottes zu stellen. Es wird seine Sache sein, zu richten, nicht meine. Dass er dabei gnädiger sein könnte, als es uns, auch mir, recht ist, lässt der Monatsspruch vermuten. Gott sucht den Weg der Versöhnung, den er in Jesus Christus beschritten hat, nicht nur für einige Auserwählte, sondern für die ganze Welt.

Bei aller Provokation, die darin liegt, mich befreit das von Ängsten und Zweifeln. Ich will versuchen, es Gott zu überlassen, wie er richten wird. Ich glaube und hoffe, dass er es gut machen wird, versöhnend und aufrichtend.
Und was die Hölle betrifft, halte ich es mit Heinz Zahrnt, der einmal gesagt hat, er hoffe, dass sie sich am Ende der Zeiten entweder als menschliches Hirngespinst oder aber als leer erweisen werde.
Pastorin Tina Willms





Tina Willms
Pastorin in Hameln

Homepage: evlka.de

Die Meditationen wurden veröffentlicht im Rahmen der
Homepage der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover.
Die Rechte an den Texten liegen bei den Verfassern.


zur Übersichtsseite der Meditationen